Bildungsreisen

 

 

Stadtführung mit Ulrich Büttner

Nach dem ziemlich durchwachsenen Wetter bei den Veranstaltungen des Allgemeinen Bildungsvereins in den letzten Jahren begann der Start in den Tag schon wieder mit Dauerregen, aber pünktlich zur Mittagszeit präsentierte sich dann ein strahlend blauer Himmel mit nur wenigen lichten Wolken. So hatte sich eine erfreuliche Zahl von Mitgliedern am Konzil eingefunden, um sich vom aus früheren Vorträgen und Führungen bestens bekannten und stilgerecht zum Thema mit leichter Rüstung, großem Schwert und martialisch anmutendem „Schädelspalter“ bestens gerüsteten Stadtführer Ulrich Büttner in die Zeit des vor 600 Jahren in Konstanz tagenden Konzils einweihen zu lassen.

Das bisher größte und auch einzige Konzil nördlich der Alpen in den Jahren von 1414 – 1418 wurde aber nicht wie von den meisten Bewohnern irrtümlich angenommen und auch durch die gebräuchliche Bezeichnung des alten Kaufhauses als „Konzil“ auch suggeriert nicht dort, sondern im nahe gelegenen Münster Unserer Lieben Frau abgehalten, auch das Dominikaner-Kloster (heute Insel- Hotel) war in das Konzilsgeschehen mit eingebunden. Bei damals ca. 6.000 Einwohnern sollen sich nach nicht immer ganz hieb- und stichfesten Berichten des Chronisten Ulrich Richenthal, in die wohl auch oft etwas Fantasie einfloss, ca. 700 „Hübschlerinnen“ in Konstanz eingefunden haben, um dort ihrem „Gewerbe“ nachzugehen. Von der weitaus bekanntesten davon, der „Imperia“, hat der bekannte Künstler Peter Lenk das weltweit größte Standbild einer Liebesdienerin geschaffen, das mit seinen 9 Metern Höhe und einem Gewicht von 18 Tonnen trotz massiver Widerstände aus der Bevölkerung seit Jahren auf einer sich im 3-Minuten-Takt drehenden Plattform die Konstanzer Hafeneinfahrt ziert. Die beiden Figuren in ihren Händen stellen Kaiser und Papst dar, auch diese Miniaturen fanden absolut keine ungeteilte Bewunderung. Ziemlich erstaunt nahmen die Teilnehmer der Führung zur Kenntnis, dass eine „Hübschlerin“ namens Imperia nie wirklich existiert hat, sie ist wie wohl so viele Überlieferungen aus jener Zeit ein reines Fantasieprodukt. So hat es z.B. auch den von Friedrich Schiller beschriebenen Wilhelm Tell nie gegeben, daher die wohl weltweit einmalige Situation, dass eine Fantasiefigur Nationalheld wurde.

 Eine weitere Station dann das Hohe Haus an der Ecke Hohenhaus-Gasse / Zollernstraße. Ein ansehnlicher Findling davor markiert das frühere Ufer des Bodensees, das Gelände davor – die ganzen Hafenanlagen, das Bahngelände und der Stadtgarten – wurde erst viel später aufgefüllt. Ein großflächiges Graffiti am Hohen Haus erinnert noch heute an den früher dort veranstalteten Fischmarkt. Neben der St. Stephanskirche – den älteren Konstanzern wegen der früher dort ansässigen Limonadenfabrik Sauter noch als „Süßer Winkel“ bekannt – war dann die nächste Station. Ulrich Büttner kannte dann aber eine andere Deutung für den Begriff: hier sollen eine große Anzahl von Liebesdienerinnen ihre Dienste angeboten haben. Ob für die Leistungen diese „Liebesdienerinnen“ die Bezeichnung „süß“ auch angebracht war, ist leider nicht überliefert.

 

Am Marienplatz neben dem Münster beendete Ulrich Büttner mit einem Schlusswort die überaus interessante und lehrreiche Führung, für Fragen der Teilnehmer dazu bestand anschließend im Kaffeehaus „Krone“ noch ausreichend Gelegenheit. Dorthin waren die Teilnehmer nach der Führung noch zu Kaffee und Kuchen, aber natürlich auch zu einem frischen Pils oder auch einem guten Viertele eingeladen. Der absolute Renner, die Schwarzwälder Kirschtorte, war leider bald vergriffen, aber ein reichhaltiges Angebot anderer Kuchen und Torten tröstete wohl darüber hinweg. Mit angeregten Unterhaltungen klang ein wiederum erlebnisreicher Nachmittag aus.  

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ABV Bildungsreise Stadtfuehrung 2015

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